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https://www.grundeinkommen.de/15/11/2011....html#more-2187
DIE LINKE: Parteiprogramm mit Aussage zum Grundeinkommen
15.11.11 | von Ronald Blaschke |
Auf dem Parteitag vom 21. bis zum 23. Oktober 2011 hat die Partei DIE LINKE in Erfurt ihr Parteiprogramm beschlossen. Vom 17. November bis zum 15. Dezember 2011 wird es einen Mitgliederentscheid zur Bestätigung des Programms geben. Die Bestätigung gilt als sicher.
Es finden sich zahlreiche interessante Aussagen in diesem Programm. Das Grundeinkommen wird direkt angesprochen (siehe unten, Punkte 1 und 5 a). Es werden aber auch wichtige Rahmenbedingungen für eine weitere Debatte zum Grundeinkommen in der LINKEN beschrieben. Dafür stehen die unten wiedergegebenen Aussagen zum Freiheits-, Arbeits-, Demokratie- und Sozialstaatsverständnis der Partei DIE LINKE.
Parteiprogramme sind – wie andere Grundsatzbeschlüsse von Organisationen – eine Ansammlung von Kompromissen, die annähernd reale Machtverhältnisse innerhalb der entsprechenden Organisation widerspiegeln. Sie sind daher in der Regel in sich nicht konsistent. Dennoch haben sie ihren Wert, weil sich an ihnen die Einordnung in das politische Spektrum ablesen lässt und Trends der weiteren Entwicklung deutlich werden. Nicht zuletzt können tatsächliche politische Handlungen an den programmatischen Aussagen gemessen werden.
Bemerkung: Über diesen Beitrag hinaus empfehle ich folgenden Text von mir zur Kritik der Grundeinkommensdebatte einiger LINKER Gewerkschaftsfunktionäre und zur Kritik der „Guten“ Erwerbsarbeit im Programm der LINKEN: „Die Debatte über den Arbeitsbegriff und das Grundeinkommen in der Partei DIE LINKE“, in: Anne Allex, Harald Rein (Hrsg.):“Den Maschinen die Arbeit… uns das Vergnügen!” Beiträge zum Existenzgeld, Neu-Ulm 2011, S. 121 – 136.
Grundsätzliche Aussagen zum Grundeinkommen im Parteiprogramm der LINKEN
„Teile der LINKEN vertreten […] das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens, um das Recht auf eine gesicherte Existenz und gesellschaftliche Teilhabe jedes Einzelnen von der Erwerbsarbeit zu entkoppeln. Dieses Konzept wird in der Partei kontrovers diskutiert. Diese Diskussion wollen wir weiterführen.“ (S. 33)
Diese Kompromissformel ergab sich aus unzähligen Pro-Grundeinkommen-Anträgen zu den verschiedenen Entwürfen des Programms (dazu eine Übersicht auf Katja Kippings Website) und der heftigen Gegenwehr gegen das Grundeinkommen insbesondere seitens der Parteivorsitzenden sowie aus den Reihen der Sozialistischen LINKEN, einer gewerkschaftsorientierten Strömung in der Partei DIE LINKE. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen in und bei der Partei DIE LINKE wird die programmatische Aussage in den nächsten Jahren zum Anlass nehmen, die Debatte insbesondere auch in den Gewerkschaften intensiver zu führen.
Wichtig für diese Debatte ist aber auch folgende Passage im Parteiprogramm:
„Jeder und jede hat das Recht auf Arbeit und das Recht, konkrete Arbeitsangebote abzulehnen, ohne Sperrzeiten oder Sanktionen fürchten zu müssen. Zwang zur Erwerbsarbeit lehnen wir ab.“ (S. 27)
Sperrzeiten beziehen sich auf das Arbeitslosengeld gemäß dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, Sanktionen beziehen sich auf teilweise bzw. vollständige Leistungskürzungen bei Grundsicherungen gemäß dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch. Das heißt, das Menschenrecht auf eine frei gewählte oder angenommen Arbeit (Internationale Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, Artikel 6) und das Verbot der Zwangsarbeit (Internationale Arbeitsorganisation, Übereinkommen über Zwangs- oder Pflichtarbeit von 1930) sind programmatisch bei der LINKEN verankert. Sie ist die einzige im Bundestag vertretene Partei mit diesen Positionen.
Grundsätzliche Aussagen zu den Rahmenbedingungen der Grundeinkommensdebatte in der LINKEN
1. Individuelle Freiheit, solidarische und demokratische Gesellschaft
„In unserem Programm werden drei Grundideen verknüpft: – Individuelle Freiheit und Entfaltung der Persönlichkeit für jede und jeden durch sozial gleiche Teilhabe an den Bedingungen eines selbstbestimmten Lebens und Solidarität – das gilt uns als erste Leitidee einer solidarischen Gesellschaft. Darin ist die Dominanz des Profits überwunden, und verlässliche und gute Lebensbedingungen für alle sind das Ziel des Wirtschaftens. – Unterordnung der Wirtschaft unter die solidarische Entwicklung und den Erhalt der Natur – das betrachten wir als zweite Leitidee. Sie erfordert einen sozialökologischen Umbau zu nachhaltiger Entwicklung anstelle profitorientierten Wachstums. – Die Verwirklichung dieser beiden Dimensionen ist ein längerer emanzipatorischer Prozess, in dem die Vorherrschaft des Kapitals durch demokratische, soziale und ökologische Kräfte überwunden wird und die Gesellschaft des demokratischen Sozialismus entsteht.“ (S. 5)
Und weiter wird ausgeführt:
„Für Rosa Luxemburg endet Gleichheit ohne Freiheit in Unterdrückung, und Freiheit ohne Gleichheit führt zu Ausbeutung. Wir streben eine sozialistische Gesellschaft an, in der jeder Mensch in Freiheit sein Leben selbst bestimmen und es im Zusammenleben in einer solidarischen Gesellschaft verwirklichen kann. Die Überwindung der Dominanz kapitalistischen Eigentums in der Wirtschaft und ein sozialer Rechtsstaat sind dafür die wichtigsten Grundlagen. Alle Menschen sollen am Reichtum teilhaben können. Der sozial gleiche Zugang jedes Menschen zu den Bedingungen eines freien Lebens und die Demokratisierung aller Lebensbereiche gehören zusammen. Sozialismus und Demokratie sind untrennbar.“ (S. 20)
Weiter heißt es:
„DIE LINKE lässt sich von dem Ziel leiten, dass alle Menschen unabhängig davon, in welcher Region der Erde sie leben, selbstbestimmt, in Würde und Solidarität leben können. Diesem Ziel liegt ein Menschenbild zugrunde, das von der Universalität und Unteilbarkeit der Menschenrechte ausgeht und lediglich eine Begründung braucht: Weil ich ein Mensch bin. Es greift Marx‘ Vision im Kommunistischen Manifest auf: ‘An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist.’“ (S. 21)
„DIE LINKE kämpft für die Veränderung der Eigentumsverhältnisse. Wir wollen eine radikale Erneuerung der Demokratie, die sich auch auf wirtschaftliche Entscheidungen erstreckt und sämtliche Eigentumsformen emanzipatorischen, sozialen und ökologischen Maßstäben unterwirft.“ (S. 22)
Die Verbindung individueller Freiheit mit gesellschaftlicher Solidarität ist in der LINKEN maßgeblicher Bezugspunkt der Debatten um ein Grundeinkommen. Argumentiert wird u. a., dass eine solidarische Gesellschaft nicht auf Zwang, sondern nur auf individueller Freiheit basieren kann, und Solidarität die wechselseitige Anerkenntnisung individueller Freiheits- und Grundrechte einschließt. Im Konzept der BAG Grundeinkommen in und bei der Partei DIE LINKE ist das Grundeinkommen mit einer transformatorischen Perspektive der Gesellschaftsveränderung verbunden, zu der u. a. die radikale Demokratisierung der ökonomischen Grundlagen der Gesellschaft (wirtschaftliche Eigentumsverhältnisse) gehört.
2. Rechts- und Sozialstaatlichkeit zur Beförderung souveräner Verfügung über die eigene Arbeits- und Lebenszeit
„Rechts- und Sozialstaatlichkeit wollen wir ausbauen, damit Frauen und Männer souverän über ihre Arbeits- und Lebenszeit entscheiden können, Chancen der Beteiligung, der Bildung, des sozialen Füreinander ergreifen können.“ (S. 4)
„Erwerbsarbeit, Arbeit in der Familie, die Sorge um Kinder, Partner und Freunde, die Teilhabe am kulturellen und politischen Leben und schließlich individuelle Weiterbildung und Muße sind wesentliche Lebensbereiche. DIE LINKE will für alle Menschen die Möglichkeit schaffen, diese Lebensbereiche in selbstbestimmter Balance zu verbinden. Ihre demokratische Gestaltung und geschlechtergerechte Verteilung haben eine wichtige Rolle auch für die Gestaltung der gesellschaftlichen Lebensverhältnisse und des demokratischen Sozialstaats.“ (S. 25)
Das unter Punkt 2 dargelegte Freiheitsverständnis der Partei DIE LINKE wird um die Bestimmung der souveränen Verfügung über die eigene Arbeits- und Lebenszeit der Einzelnen erweitert – und zwar als ein Zweck des demokratischen Rechts- und Sozialstaats. In der LINKEN und insbesondere in der linken Grundeinkommensszene wird argumentiert, dass nur das Grundeinkommen und grundeinkommensähnlichen Transfers diese souveräne Verfügung ermöglicht, weil alle anderen Formen der materiellen Absicherung mit Diskriminierungen und systematischen Ausschlüssen aus den Absicherungssystemen verbunden sind, dies wiederum die individuelle Souveränität beeinträchtigt bzw. unmöglich macht.
3. Gerechte Verteilung aller notwendigen Arbeiten, damit alle mitwirken können, weiter Arbeitsbegriff und Ablehnung des Zwangs zur Arbeit
„Wir streben eine neue, gerechte Verteilung der Erwerbsarbeit und der anderen gesellschaftlich notwendigen Arbeiten an. Wir wollen, dass alle Menschen am gesellschaftlich organisierten Arbeitsprozess mitwirken, gleichberechtigt gesellschaftliche Entwicklung und Kultur mitgestalten und demokratische Entscheidungsprozesse beeinflussen können.“ (S. 21)
„Es geht um eine global und geschlechtergerecht fair geteilte Erledigung all dessen, was Menschen brauchen und wünschen. Jede und jeder muss von den Einkünften würdig leben können. Alle sollen in der Lage sein, an allen gesellschaftlichen Bereichen – der Erwerbsarbeit, der Familien-, Sorge- und Hausarbeit, der gesellschaftlichen Arbeit sowie der politischen Gestaltung – teilzuhaben. Jede Arbeit, bezahlte oder unbezahlte, soll Wertschätzung erfahren. […] Menschliches Leben umfasst die physische, kulturelle und geistige Reproduktion und reicht damit weit über den Bereich der Erwerbs- und Lohnarbeit hinaus. Arbeit ist mehr als Erwerbsarbeit, denn ohne die täglich zu leistende Arbeit in der Haushaltung, in der Erziehung, Sorge und Pflege, im Ehrenamt und im Kulturbereich könnte auch die in Lohnarbeit investierte Arbeitskraft sich im gesellschaftlichen Maßstab nicht reproduzieren. Die Erwerbsarbeit hat die spezifische Bedeutung, dass in ihr die Einkommen erwirtschaftet und die Güter und Dienstleistungen produziert werden, die gekauft werden können. […] Erwerbsarbeit kann Quelle von Selbstverwirklichung sein, aber für viele beginnt Selbstverwirklichung außerhalb ihrer Arbeitsverhältnisse.“ (S. 26)
„Können“ und „in der Lage sein“ meinen die Ermöglichung der genannten Tätigkeitsformen, nicht deren Erzwingung. So kann eine faire und geschlechtergerechte Teilung der so genannten reproduktiven Arbeit eben nicht erzwungen werden, sondern sie muss (sozial-)politisch befördert werden, unter anderem durch ein Grundeinkommen. Wichtig ist für die LINKE Grundeinkommensszene auch, dass im Programm der LINKEN erstens mit der Ideologie, Erwerbsarbeit habe Vorrang und sei Quelle jeglicher Selbstverwirklichung, gebrochen worden ist, und dass zweitens festgestellt wird, dass Erwerbsarbeit letztlich auf unbezahlten Arbeits- und Tätigkeitsformen basiert. Das hat Folgen hinsichtlich einer weiter zu führenden Debatte in der LINKEN über die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums, auch in Form von individuellen Einkommens- und anderen Ressourcen, z. B. durch ein Grundeinkommen und kostenfreie öffentliche Infrastrukturen.
4. Sozialstaat als Garant individueller Freiheit und der Grundrechte
„Jede und jeder braucht soziale Sicherheit, um selbstbestimmt leben und das Recht auf demokratische Mitgestaltung umfassend wahrnehmen zu können. DIE LINKE steht konsequent für die Erweiterung und Präzisierung des Sozialstaatsgebotes im Grundgesetz. Insbesondere geht es auch darum, schon heute vorhandene Entwicklungen in Richtung eines Wohlfahrtsstaates, der nur auf gutem Willen beruht, entgegenzutreten. Deshalb müssen soziale Grundrechte in der Verfassung festgeschrieben werden. Hierzu bedarf es der Stärkung des Sozialstaatsprinzips im Grundgesetz durch die Einführung sozialer Grundrechte wie das Recht auf Arbeit, Bildung, Wohnen, soziokulturelle Existenzsicherung und gesundheitliche Versorgung.“ (S. 31)
Mit dieser Zielbestimmung sozialer Sicherheit wird programmatisch konsequent mit einer paternalistischen und der alten Fürsorgelogik verhafteten Vorstellung eines Sozialstaats gebrochen. Individuelle Freiheit und demokratische Mitgestaltung sind Zwecke des Sozialstaats. Dies gilt für die heutige Gesellschaft wie auch für postkapitalistische Gesellschaften, wie sie in der LINKEN diskutiert werden. Das Grundeinkommen oder andere nicht monetäre Formen der bedingungslosen Absicherung individueller Ressourcen für die Existenz- und Teilhabesicherung sind im Verständnis der LINKEN Grundeinkommensbefürworter/innen Formen der materiellen Ermöglichung individueller Freiheiten und demokratischer Mitbestimmung in allen öffentlichen Belangen. (Siehe dazu auch: Katja Kipping: Demokratie und Grundeinkommen – ein politischer Essay, in Ronald Blaschke / Adeline Otto / Norbert Schepers (Hrsg.): Grundeinkommen. Geschichte –Modelle – Debatten, Berlin 2010, S. 293 – 300)
5. Soziale Sicherheit im demokratischen Sozialstaat: Konkrete Ausgestaltung der (monetären) Sozialsysteme im lebensphasenspezifischen Kontext
„Sozialstaatliche Leistungen müssen auf individuellen Rechtsansprüchen beruhen, um patriarchale Abhängigkeiten und behördliche Willkür zu verhindern.“ (S. 32)
Mit dieser Bestimmung wird jeglicher Logik von subsidiärer Bedarfs- und Einsatzgemeinschaft als sozialpolitisches Prinzip widersprochen. Das heißt, nach Ansicht der LINKEN gehören sämtliche Bedürftigkeitsprüfungen, die über die individuelle Einkommens- und Vermögenssituation hinausgehen, abgeschafft. Ein wichtiger Schritt in Richtung eines Grundeinkommens für alle!
a) Absicherung der Kinder und Jugendlichen
„Die LINKE streitet für eine Kindergrundsicherung für alle Kinder und Jugendlichen, welche Kinder- und Jugendarmut verhindert und allen Kindern und Jugendlichen gute Teilhabe- und Entfaltungsmöglichkeiten bietet sowie vor Ausgrenzungen und Diskriminierungen schützt.“ (S. 33)
Die Kindergrundsicherung für alle Kinder und Jugendlichen, also faktisch ein Kindergrundeinkommen, wurde auf dem Programmparteitag hart diskutiert. Die vom Parteivorstand mehrheitlich präferierte „bedarfsorientierte“, also bedürftigkeitsgeprüfte Kindergrundsicherung (nur für bedürftige Kinder und Jugendliche) wurde auf dem Programmparteitag von den Delegierten verworfen. Angenommen wurde die „Kindergrundsicherung für alle Kinder und Jugendlichen“, die von den Antragstellenden wie folgt begründet worden ist: „Der Gesellschaft sind alle Kinder und Jugendlichen gleich viel wert. Derzeitige soziale Leistungen für Kinder und Jugendliche sind entweder zu gering und werden bei Hartz-IV-Beziehenden gegengerechnet (Kindergeld) oder sind stigmatisierend und erreichen 2/3 der Anspruchsberechtigten nicht (siehe Studie der Hans-Böckler-Stiftung von Irene Becker und Richard Hauser 2010: Kindergrundsicherung, Kindergeld und Kinderzuschlag. Eine vergleichende Analyse aktueller Reformvorschläge). Deswegen ist eine Grundabsicherung für alle Kinder und Jugendlichen von Nöten, die tatsächlich allen Kindern und Jugendlichen zugutekommt, deren Existenz und Teilhabe absichert, Kinder- und Jugendarmut, soziale Ausgrenzung und Ungleichbehandlung verhindert.“ (Vgl. Änderungsantrag PR.40.9., S. 74, vgl. dazu auch meinen Beitrag auf dieser Website)
b) Absicherung Auszubildender/Studierender
„Alle Erwachsenen in Ausbildung sollen bei individuellem Bedarf eine bedarfsdeckende und elternunabhängige Förderung erhalten. Diese soll ohne Rückzahlungsverpflichtung und perspektivisch auch über eine Erstausbildung hinaus gewährt werden.“ (S. 44)
Faktisch handelt es sich bei diesem neuen BAföG um eine individuell bedürftigkeitsgeprüfte Mindestsicherung für Auszubildende und Studierende – im Gegensatz zur heutigen auch vom Elterneinkommen abhängigen und als Darlehen gewährten Förderung. Ob die individuelle Bedürftigkeitsprüfung nur eigenes Einkommen oder auch eigenes Vermögen betrifft, wird nicht beschrieben. Ein weiterer notwendiger Schritt wäre die Abschaffung auch der individuellen Bedürftigkeitsprüfung, so dass für alle ohne Rücksicht auf den individuellen materiellen Status eine Aus- und Fortbildung möglich wäre.
c) Absicherung im erwerbsfähigen Alter
„Auch bei Erwerbslosigkeit müssen die sozialen Leistungen den vorher erreichten Lebensstandard annähernd sicherstellen. Wir fordern daher: Hartz IV muss weg. DIE LINKE fordert stattdessen ein am vergangenen Einkommen orientiertes Arbeitslosengeld, mindestens aber eine bedarfsdeckende und sanktionsfreie Mindestsicherung, die Armut tatsächlich verhindert und die Bürgerrechte der Betroffenen achtet. Dazu gehören die Abschaffung der Sanktionen, der Sonderregelungen für junge Menschen bis zum 25. Lebensjahr, der Bedarfs- und Einsatzgemeinschaften und die Einführung des Individualprinzips auf der Basis der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen.“ (S. 32 f.)
In der Präambel des Parteiprogramms steht:
„DIE LINKE kämpft […] für ein Leben in sozialer Sicherheit, für eine sanktionsfreie Mindestsicherung, die Armut tatsächlich verhindert, und umfassenden Kündigungsschutz. Hartz IV muss weg. Jeder und jede hat das Recht auf Arbeit und das Recht, konkrete Arbeitsangebote abzulehnen, ohne Sperrzeiten oder andere Sanktionen fürchten zu müssen.“ (S. 5 f.)
Eine sanktionsfreie Mindestsicherung wäre ein Riesenfortschritt in Richtung Grundeinkommen. Allerdings wird in der LINKEN kritisch diskutiert, ob eine solche politische Forderung für Bedürftige nicht auf größeren gesellschaftlichen Widerstand stößt und damit politisch schwieriger umzusetzen wäre als die Einführung eines Grundeinkommens für alle. Zu bemerken ist noch: In der Präambel wurde auf den Zusatz „bedarfsdeckend“ bei der Mindestsicherung verzichtet. Zufall oder Absicht in Richtung Grundeinkommen? In der Regel wird nämlich bei Grundabsicherungen „bedarfsdeckend“ als „bedürftigkeitsgeprüft“ interpretiert.
d) Absicherung im Rentenalter
In der Präambel steht:
„DIE LINKE kämpft […] für eine armutsfeste solidarische gesetzliche Rente für alle, die paritätisch von Beschäftigten und Unternehmen finanziert wird, den Lebensstandard im Alter sichert und, anders als die private Vorsorge, nicht von den Launen der Finanzmärkte abhängig ist. Eine Gesellschaft, die Millionen alte Menschen zu einem Leben in Armut verdammt, ist unmenschlich. Um Altersarmut zu bekämpfen, wollen wir eine armutsfeste, solidarische Mindestrente für ältere Menschen im Rahmen der Rentenversicherung.“ (S. 6)
Darüber hinaus wird festgehalten:
„Wir wollen eine solidarische Rentenversicherung als Alterssicherung, die zu einer gesetzlichen Rente deutlich über der Armutsgrenze führt und den erarbeiteten Lebensstandard weitgehend sichert. Sie macht eine staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge überflüssig. Diese kann drohende Altersarmut nicht vermeiden und hat zur Aufblähung der Finanzsphäre wesentlich beigetragen. Wir fordern eine solidarische Rentenversicherung, die alle Frauen und Männer in eine paritätisch finanzierte, gesetzliche Rentenversicherung einbezieht, sowie eine solidarische Mindestrente im Rahmen der Rentenversicherung, um Altersarmut zu verhindern. Die solidarische Mindestrente speist sich zum einen aus den eigenen beitragsbegründeten Rentenansprüchen und zum anderen aus Steuermitteln für diejenigen, deren Einkommen und Vermögen zu einem Leben unterhalb der Armutsgrenze führen würden.“ (S. 32)
Derzeit laufen in der LINKEN Debatten zu dieser Passage. Soll die Rentenversicherung eine Sozialversicherung nur für Erwerbstätige oder eine Sozialversicherung für alle sein (analog der Bürgerversicherung, siehe Punkt 6), so wie es der beschlossene Programmtext beschreibt? Dies wurde in der Parteibasis nicht ausdiskutiert, ebenso nicht die Mindestrente. Sie ist eine in die Rentenversicherung eingebaute individuell bedürftigkeitsgeprüfte Mindestsicherung. Sie soll nach bisherigem Mehrheitsbeschluss des Vorstands der Partei DIE LINKE, der vor dem Programmparteitag gefasst worden ist, 900 Euro betragen. 900 Euro wäre eine Höhe, die unterhalb der Armutsrisikogrenzen nach dem Sozio-ökonomischen Panel (2008: 935 Euro), der EU-Statistik über Einkommen und Lebensbedingungen (2009: 940 Euro) und der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (2003: 1.000 Euro) liegt. Die vom Parteivorstand beschlossene Höhe der Mindestrente verhindert Armut nicht. Wege in Richtung eines Grundeinkommens für alle könnten sein, die Mindestrente umzuwandeln, a) in eine Armut verhindernde bedingungslose Garantierente für alle (modifizierte Form der schwedischen Garantierente), die lediglich bis zu einer bestimmten Höhe mit den erwerbseinkommensabhängigen Rentenansprüchen zu verrechnen ist, oder b) gleich in eine Armut verhindernde bedingungslose Grundrente für alle als Sockel im Rahmen einer Bürgerversicherungsrente, die mit geringeren Beitragssätzen im erwerbsfähigen Alter den Lebensstandard in der Rente sichert.
6. Kranken-/Pflegeversicherung
„DIE LINKE kämpft […] für eine solidarische Bürgerversicherung für Gesundheit und Pflege, in die alle Menschen nach Maßgabe ihrer Einkommen einzahlen und die im Bedarfsfall alle medizinischen und pflegerischen Leistungen übernimmt. Die medizinische Versorgung darf keine Frage der persönlichen Brieftasche sein – Ungleichbehandlung von Patienten lehnen wir ab.“ (S. 6)
„DIE LINKE kämpft für ein demokratisches Gesundheitswesen, das auf der Solidarischen Bürgerversicherung als allgemeiner Kranken- und Pflegeversicherung und einer öffentlichen Gesundheitsversorgung basiert. In eine Solidarische Bürgerversicherung zahlen alle Menschen entsprechend ihrer Einkünfte (Erwerbs-, Kapital- und andere Einkommen) ein. Die Solidarische Bürgerversicherung hebt die Trennung von Gesetzlicher und Privater Kranken- und Pflegversicherung auf und basiert auf Wiederherstellung der Parität und der Abschaffung der Zuzahlungen.“ (S. 33)
DIE LINKE lehnt wie die SPD und Bündnis 90/Die Grünen die „Umstellung der Kranken-/Pflegeversicherung auf eine einheitliche Gesundheitsprämie“:http://de.wikipedia.org/wiki/Bürgerversicherung ab und präferiert wie diese Parteien eine Bürgerversicherung, allerdings in der oben beschriebenen spezifischen Ausformung. Im Falle einer Einführung eines LINKEN Grundeinkommens würde die Bürgerversicherung die Absicherung bei Krankheit zzgl. zum Grundeinkommen sichern, so wie es in vielen Konzepten und Modellen zum Grundeinkommen vorgesehen ist.
https://www.grundeinkommen.de/content/up...-die-arbeit.pdf
Link zu einem Buch, das man sich kaufen könnte, wenn man mag.
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