Wir wünschen Euch einen guten Rusch ins Neue Jahr ! Renate und Jürgen
#1

Ein Mindestlohn wird sich nie über die Wirtschaft regeln

in Mindestlohn 31.10.2011 22:46
von Freedom • 8.019 Beiträge

Hei,

ich hoffe, dass ich es schaffe zu erklären, wie ich das meine, dass sich ein Mindestlohn über die Wirtschaft gar nicht entwickeln kann, sondern das genaue Gegenteil passieren muss, ohne dass man den Firmen daran wirklich die Schuld geben könnte.

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#2

RE: Ein Mindestlohn wird sich nie über die Wirtschaft regeln

in Mindestlohn 31.10.2011 22:52
von Mecker • Besucher | 618 Beiträge

Ich lasse mal hier an dieser Stelle meine Zweitgestalt Mecker weiter erzählen (Mecker ist ein einfaches Mitglied ohne weitere Rechte ... rote-Lola bin auch ich und ist ein Vip-Mitglied mit besonderen Zusatzrechten, die nicht jedes Mitglied von vornherein hat ... Fellnase bin auch ich und sie hat wie Jürgen Co-Admin-Funktioen, kann also fast alles, was Freedom auch kann. Ich mache wowas immer deshalb um überprüfen zu können, ob ich auch alles richtig eingestellt habe und lasse deshalb auch gerne meine Nebengestalten regelmäßig mit schreiben.

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#3

RE: Ein Mindestlohn wird sich nie über die Wirtschaft regeln

in Mindestlohn 31.10.2011 23:11
von Mecker • Besucher | 618 Beiträge

Ich fange dazu mal damit an, wie mir die Anfänge dieser Entwicklung in unserer Wirtschaft erstmalig krass aufgefallen sind.

Das war, als ich nach dem Abbruch meines ersten Studiums im Sommer drauf einen Job als Hilfsarbeiterin in einer Öko-Gärtnerei annahm und später im Winter dann auch noch wochenweise Primeln bestäubt habe und was ich frustriert nachließ, mal ein paar Tage Adventskränze im Akkord geflochten habe.

Ich habe davor immer im Büro gearbeitet und damals wurde da auch noch normalerweise nach Tarif bezahlt und man verdiente nicht wenig, und mein Ex-Mann hat früher als Handwerker, also er ist gelernter Fliesenleger im Erstberuf, später aus gesundheitlichen Gründen umgeschult zum Tischler, auch lange noch normal verdient.

In dieser Gärtnerei lernte ich dann auch die ersten geschiedenen Frauen kennen, die mit Mühe und Not und im Winter, wenn die Gärtnerei, wo wir über Sommer noch halbwegs gut bezahlt über die Runden kamen, dann nur noch mit Arbeitslosenhilfe und Vollzeit als Nebenjob getarnt, im Prinzip saumäßig bezahlt irgendwie schafften, alleine ohne Unterhalt ihre Familie zu ernähren .. und es wurde damals ständig von Jahr zu Jahr härter, bis man diese Jobs eigentlich gar nicht mehr als deutsche Hausfrau fand, weil die polnischen Kolonnen-Arbeiterinnen, die dann während der Saison in irgendwelchen Containern wohnten, wirklich für ein Taschengeld arbeiteten, was für jemand nicht mehr lohnte, der dann mehr Benzin verfahren hätte, um zur Arbeit zu kommen als man überhaupt dort verdient hat.

Wir kriegten damals im Sommer noch ca. 4 DM weniger als der Gärtner-Tarif war .. ging, denn unser Arbeitgeber war ja nicht im Arbeitgeberverband... und schon ist man ja raus aus dem Tarifgefüge.

Im Primel-Geshäft war das noch viel krasser und wurde laufend weniger .. aber wenn ich mir überlege, dass die Primeln auch jedes Jahr billiger werden, kann die Firma, die sie produziert, auch gar nichts dafür ... wenn die nicht, weil die Konkurrenz das auch tat, die Löhne gedrückt hätten, hätten sie ihre Primeln schlicht nicht mehr verkaufen können.

Stellt Euch vor, Ihr habt sowieso kein Geld und steht im Januar auf dem Markt und an einem Stand kriegt ihr eine Primel für 2 Euro und an dem anderen für 40 Cent .. selbst wenn Ihr Euch die für 2 Euro auch noch leistet könntet, Ihr würdet vermutlich schon die für 40 Cent nehmen und die Firma, die 2 Euro nimmt, wäre bald weg vom Fenster.

So ist das mit jedem Produkt ... wenn einer anfängt, die Preise zu drücken, muss der andere nach ziehen .. es geht gar nicht anders.

So sind auch die Zustände bei den Leiharbeits-Unternehmen oder den Call-Centern zu verstehen .. die können gar nicht anders. Es ist nicht ihre Schuld, wenn sie so wenig zahlen, denn sonst kriegen sie keine Aufträge von den Firmen, für die sie telefonieren lassen bzw. denen sie ihre Hilfsarbeiter hin schicken.

Der Markt wird so, wenn nicht von Seiten der Regierung da wirklich ernsthaft mit Gesetzen gegen gesteuert wird, die Löhne immer weiter in den Keller drücken.

Über die Arbeitskräfte reguliert sich das auch nicht, denn es gibt zu viele Menschen, die Arbeit suchen .. wäre das anders, dann würde sich das regulieren, so kann es aber nicht geschehen, denn auf unserem Markt herrscht nunmal das Prinzip von Angebot und Nachfrage und das Angebot an Arbeitskräften ist viel höher als die Nachfrage danach.

In anderen Bereich ist das nicht anders .. inzwischen wirkt es sich doch fast überall aus und es gibt kaum noch Angebote an Arbeit, wo man wirklich gut bezahlt werden würde.

Viele Leute, die noch irgendwo gut verdienen, verstehen das nicht und können sich das nicht vorstellen .. sie werden es erst dann begreifen, wenn es sie selbst trifft, das ist einfach so.

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#4

RE: Ein Mindestlohn wird sich nie über die Wirtschaft regeln

in Mindestlohn 31.10.2011 23:18
von Mecker • Besucher | 618 Beiträge

Selbst die Merkel hat ja nun schon an einen Mindestlohn gedacht, auch wenn 6 Euro nochwas, die ihr so vorschweben, entschieden zu wenig sind, aber es wäre immerhin schon mehr als die 3 Euro nochwas, die eine Verkäuferin beispielsweise bei Kik kriegt, wo die ARGE ja sogar noch sagen würde, man muss solche Arbeiten auch annehmen.

Wenn Firmen, auch kleine, was von Mindestlohn hören, kriegen die Angst.

Brauchen sie aber gar nicht haben, denn wenn unser Staat einen anständigen Mindestlohn festlegen würde, würde ihnen nicht das passieren, was sie fürchten, die Pleite .. denn alle anderen Firmen wären doch auch an diesen Mindestlohn gebunden .. so würde sich das Lohngefüge von ganz alleine regulieren.

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#5

RE: Ein Mindestlohn wird sich nie über die Wirtschaft regeln

in Mindestlohn 31.10.2011 23:22
von Mecker • Besucher | 618 Beiträge

Was allerdings etwas ist, das oft vergessen wird ... alles, egal ob Mindestlohn, BGE oder Pflegegeld oder der Hartz IV-Satz .. wenn man nicht endlich mal seitens der Regierung bei allen diesen Dingen daran denkt, sofort alles an die Inflationsrate anzupassen und jährlich aufzustocken .. dann geht sowas schief .. sonst sehe ich keinen Grund, warum sowas schief gehen sollte.

....

Ich werde Euch, wenn ich es finden sollte, mal einen Brecht-Roman zu diesem Thema suchen.

Der heißt "Die heilige Johanna der Schlachthöfe", es ist ein Bühnenstück, auch so geschrieben.

Brecht erklärt da auf eine sehr gute Art und Weise das Prinzip, warum anständige Löhne und genug Umsatz einander bedingen und warum es sogar für die Firmen letztendlich wichtig ist, dass alle Menschen genug Geld haben, um auc Umsatz zu machen.

Ich hoffe, ich finde den kompletten Text und kann es dann hier in einen Thread kopieren.

LG
Renate

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