Wir wünschen Euch einen guten Rusch ins Neue Jahr ! Renate und Jürgen |
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Hei,
ab und zu nutzen wir auch das Angebot der örtlichen Tafel, bei der wir auch nur pro Haushalt pro Besuch 1 Euro zuzahlen, also wenig. Wenn man sehr pleite ist, würde ich es noch als hilfreich bezeichnen, dass man als Sozialhilfe- oder ARGE-Empfänger oder jemand, der sich trotz Arbeit in diesen Einkommenshöhen bewegt, dort hin gehen kann.
Generell ist meine Erfahrung auch nach wie vor die, dass viele der Lebensmittel, die man dort dann bekommt, nicht fast am Verfallsdatum, sondern lange über dem Verfallsdatum sind. Man muss also sehr aufpassen, bevor man das isst und auch oft was wegwerfen. Wenn man sich daran gewöhnt hat, passt man eben auf. Ich habe es nur anfänglich mal versäumt, die Milch selbst zu kosten, mit der ich damals unsere Katze gefüttert habe, die sich dann davon hat übergeben müssen, als ich das erstemal was über die Tafeln schrieb.
Gestern z. B. hatte, um nur ein Beispiel zu nennen, eine Tüte Milch der Sorte Bärenmarke dabei. Es war der 21.2. und diese Tüte Milch war am 17.2.12 bereits abgelaufen gewesen, man konnte sie aber noch trinken, sie war nicht schlecht. Sie war vorher schon runter gesetzt gewesen, vermutlich bei einem der hochwertigeren Discounter, von denen ich das kenne, dass sie kurz vorm Verfallsdatum noch versuchen, alles zu verkaufen, was bald weg geworfen werden muss, hatte ein rotes Schild mit dem reduzierten Preis 50 Cent.
Wenn ich nun eine Sorte Billigmilch, fettreduziert wie diese von Bärenmarke, kaufe, bezahle ich dafür frisch und ganz neu in den Laden gekommen nicht runter gesetzt von vornherein nur 49 Cent.
Ich erzähle das aus einem bestimmten Grund, weil ich auf etwas aufmerksam machen will.
Es ist wieder Jahresanfang und die Tafeln prüfen jährlich die Bedürftigkeit ihrer Nutzer. Es war also ein Aushang im Kasten, wo auch unter anderen drauf stand, dass man sich einen neuen Tafel-Ausweis ausstellen lassen und seine Bedürftigkeit wieder nachweisen muss.
Dann stand noch ein ellenlanger Text dabei und weil wir wie meistens bei der Tafel wieder stundenlang Schlange stehen mußten, bis wir dran waren, habe ich mir den in Ruhe durchgelesen.
Zunächst wurde darüber gemeckert, dass sich wohl sehr oft Leute darüber beschweren würden, dass die Lebensmittel so alt und oft schlecht wären. Es wurde gesagt, es hätte niemand an Anrecht darauf, Tafel-Kunde sein zu dürfen, was denn diese Menschen sich eigentlich einbilden würden .. nicht wörtlich, aber sinngemäß war das schon so formuliert.
Dann wurde gesagt, dass unsere Tafel weiterhin ihre Waren "kostenlos" abgeben würde ... wir zahlen nicht viel, aber auch 1 Euro pro Besuch ist ja nicht kostenlos.
Dann wurde gesagt, das wäre sehr großzügig, denn die meisten anderen Tafeln in Deutschland würden inzwischen für ihre Waren pro Besuch und Person zwischen mindestens 2 bis zu 8 Euro nehmen.
Ich finde ganz ehrlich, 8 Euro ist viel zu viel, selbst 5 Euro wäre es nicht mehr wert. Das werde ich auch noch erklären.
Als nächstes hieß es dann, man würde ja bei den Tafeln durchschnittlich für diese bis zu 8 Euro einen Gegenwert von Waren im Wert von zwischen mindestens 20 bis zu 50 Euro pro Besuch erhalten.
Als ich das las, ging mir dann der Hut hoch, weil ich mir denken kann, wie solche Berechnungen zustanden kommen.
Wenn ich 20 Euro nehme, kann ich in einem Laden wie Aldi, Lidl oder Netto und mit etwas Aufpassen sogar Sky recht viel einkaufen. Wenn ich 50 Euro nehme, reicht es für einen richtigen Großeinkauf, wo ich sagen würde, ich brauche die ganze Woche kaum noch los einkaufen, weil ich alles habe, was ich brauche. Ich kaufe dann natürlich gezielt mit Verstand ein, aber durchaus so, dass es alles gesund und gut zu kombinieren ist.
Wenn ich allerdings meinen Obulus-Euro bei der Tafel investiere, dann muss ich am gleichen Tag sehen, dass ich sofort das meiste davon irgendwie verarbeite, ich kann viel davon schlicht weg schmeißen, weil nicht mehr genießbar, einiges aber meistens auch noch gebrauchen. Ohne etwas dazu zu kaufen, komme ich die halbe Woche, bis die Tafel wieder auf hat, keinesfalls hin, kann diese Sachen allerdings oft verwenden, um sie mit einigen Gerichten irgendwie zu kombinieren.
Was ich sagen muss, es sind zuweilen Sachen dabei, die wohl mal sehr teuer waren. Ich nenne da auch mal jetzt zwei Beispiele von der Ausbeute meines gestrigen Tafel-Besuchs:
1 Glas Chivers Orangen Marmelade. Die ist teuer, das weiß ich. Ich werde sie selbst essen müssen, weil Jürgen keine Orangen-Marmelade mag und hätte sie vermutlich selbst nie gekauft.
1 kleine Flasche Leinöl. Auch sowas ist teuer und ich kaufe normalerweise an Öl eben günstigere Sorten wie Olivenöl und Rapsöl von Aldi oder Lidl, die auch kalt gepreßt.
Ansonsten war neben diesen beiden sicher mal teuren Artikeln besagte auch mal teure längst abgelaufene Milch von Bärenmarke dabei, die ich anfänglich erwähnte und weiterhin 1 ganzes Graubrot, einige alte Brötchen, Spekulatius-Kekse wohl vom letzten Weihnachten, Schoko-Waffeln, 1 Paket Butter, 1 kleines Stück fetter Speck, 1 ganz kleines Stück Sülze, 1 China-Soße, 2 Bratwürstchen, 2 Tüten holländische Sauce, 1 Paket Scheibletten, 1 Becher Tomate-Mozarella-Brotaufstrich, 2 Joghurt, 2 Quarkspeisen, 2 Actimel, 2 Kaffee-Shakes, (logisch abgelaufen, nicht dass nun der Gedanke aufkäme, dass wirklich frisch .. sowas muss sofort verbraucht werden), 200 g Makkaroni mit Tomatensoße (reicht nicht für 2 wie immer bei dem Mittagsmahlzeiten, die iich grundsätzlich irgendwie aufstocken muss), 1 noch halbwegs brauchbarer Eisbergsalat, einige Cocktailtomaten, 2/3 davon verfault, die anderen bei näherer Betrachtung so zäh, dass ich sie besser aus dem Salat raus gelassen hätte, was man ihnen nicht ansah, einige Mandarinen ohne Saft, nicht mehr wirklich eßbar, 2 Birnen, noch gut, 2 Äpfel, auch noch gut, einige Möhren, nicht mehr brauchbar, 2 Netz Rosenkohl, ging noch halbwegs, 2 Stangen Porree, eine davon war noch recht frisch, 2 rote Paprika, wovon auch eine noch recht gut war, 2 Spitz-Paprika, bißchen welk, aber da ich sie in einer Suppe verbraucht habe, ging das noch.
Natürlich würde ich einen realen Einkauf so nicht zusammen stellen, aber nun gut ... es ist fast geschenkt und ab und zu hilft das.
Es gibt aber noch mehr, was einen Besuch bei einer Tafel definitiv von einem Einkauf in einem Billig-Discounter krass unterscheidet und das ist die Tatsache, dass ich bei Aldi, Netto oder Lidl zahlende Kundin bin und man mich generell nett behandelt.
Bei einer Tafel steht man stundenlang zunächst wartend vor der Tür, weil vor Ausgabe Nummern vergeben werden und man keine mehr bekommt, wenn man nicht pünktlich vor Verteilung da ist, dann wartet man geduldig bei Regen, Schnee und Frost, bis man dran ist.
Ein ehemaliger Kollege von mir hat einen Bastelraum auf dem Hof, wo sich die Tafel befindet. Er meinte einmal, kommt mich doch mal besuchen, wenn Ihr da seid. Wir waren also schon mehrmals schauen, ob er da sei, war er aber nicht. Nochmal einen Besuch wagen können wir wohl nicht, denn neulich erlebten wir dort folgenes:
Einer der Leute, die unsere Tafel betreiben, schrie die dort Wartenden an, wenn es noch einmal jemand wagen sollte, sich von der Tür weg hinter diese Hallen zu begeben, würde er die örtliche Tafel schließen .. er brüllte die Leute dort zusammen. Ich hatte das Gefühl, er unterstellt allen von uns, dass wir drogensüchtig oder ständig besoffen wären, weil wohl manche Leute leere Schnapsflaschen oder vergammelte Tafel-Waren einfach hinters Haus geschmissen hatten, wenn sie wartend hinter diesen Hallen ihren Sprit gesoffen haben oder eben das verfaulte Zeug nicht haben nach Hause tragen und dort weg schmeißen wollen.
Okay, sowas tut man nicht.
Trotzdem war es unschön, pauschal lautstark alle Leute, die dort in der Schlange standen, anzupöbeln, als ob wir alle Säufer und komplett asozial wären.
Ich dachte, wenn ich wieder hinterm Haus schaue, ob mein Kollege da sei, dann betrachtet man mich womöglich auch als Säuferin, die da ihre Schnapsflaschen hinters Haus schmeißt, heimlich säuft oder den oft ja nicht mehr brauchbaren Müll statt zu Hause in der Mülltonne entsorgt. Rainbow_Colorz_PDT_30
Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass es schon Tafeln gibt, wo ich für einen Warenwert, der garantiert bisher nie mehr als 5 - 10 Euro Realwert für mich hatte, so dass ich schon immer überlege, ob Jürgen und ich nicht besser daran täten, statt da Schlange zu stehen, einen weiteren Auftrag zu bearbeiten (was ja nun nicht jeder kann und für uns auch neu ist), auch noch für uns beide zusammen 16 Euro bezahlen müßte, womit ich definitiv zusetzen würde gegenüber einem Normaleinkauf bei Aldi ... ich würde ja nicht mehr hin gehen.
Nun ist es in unserem Ort bis dato ja nicht so.
Da inzwischen eine Universität Studien über die Tafeln macht und der Professor dabei ist, ein Buch darüber zu schreiben, was eigentlich aus der Idee geworden ist, früher einmal ja Obdachlosen ohne Geld so etwas zu Essen anzubieten, heute aber als Institution eine geworden ist, die reihenweise von normalen Sozialhilfe- und ARGE-Empfängern besucht wird .. ich frage mich, wohin führt das eigentlich und was ist von der Ursprungsidee da noch inzwischen übrig geblieben?
Bzw. was ist eigentlich mit Deutschland los? Das ist die eigentliche Frage.
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